Foto: LHH

Den Klimawandel im Blick: Statt die Stadtautobahn in Hannover zu erweitern, fordert Oberbürgermeister Belit Onay den kontinuierlichen Ausbau von Radschnellwegen und E-Ladesäulen sowie einen Umdenken im Straßenrecht. Ein Interview.

Wie so viele Menschen in Hannover nutze auch ich einen Mobilitätsmix aus Fuß-, Radverkehr, ÖPNV und bei längeren Strecken auch mal den Pkw.

 

Die heute schon spürbaren Folgen der Klimakrise, aber auch der Gesundheitsschutz der Menschen in unserer Stadt fordern uns dringend zum Handeln auf. Wenn wir die Pariser Klimaziele einhalten wollen, müssen wir den Autoverkehr reduzieren. Das erfordert tiefgreifende Veränderungen der Infrastruktur, um den Menschen das Umsteigen auf den Rad- und Fußverkehr und den ÖPNV zu erleichtern. Beispielhafte Maßnahmen, die wir dafür gemeinsam mit der Region Hannover umsetzen wollen, sind der Ausbau des ÖPNV mit einer attraktiven Preisgestaltung, die Förderung des Radverkehrs und die Digitalisierung im Verkehr.

Für diese Verkehrswende brauchen wir auch den Bund und das Land. Leider sind die Regeln immer noch so gemacht, dass der Autoverkehr beständig ausgebaut wird – wie es sich aktuell bei den Planungen zum Südschnellweg zeigt. Wir brauchen keine Autobahnen in unseren Städten. Wir brauchen einen Paradigmenwechsel im Straßenrecht, der Klimaschutz, Verkehrssicherheit, Lebensqualität und den Gesundheitsschutz höher priorisiert als die Flüssigkeit des Autoverkehrs.

Mein aktueller Dienstwagen ist Plug-in-Hybrid. Ein Elektrofahrzeug ist bereits vorbestellt, da es aktuell noch nicht verfügbar ist.

Der ÖPNV und der Radverkehr sind zentrale Bestandteile einer modernen und klimaschonenden Mobilität. Deshalb arbeiten wir intensiv an einem Ausbau beider Verkehrsarten.
Fast 20 Prozent unseres Fuhrparks mit insgesamt rund 1.000 Fahrzeugen sind elektrifiziert. Wir gehen davon aus, dass wir in den nächsten Jahren die Hälfte elektrifizieren können – abhängig von der Marktverfügbarkeit. Die Ladeinfrastruktur für den elektrischen Fuhrpark wird in dem Projekt Elektromobilität „Hannover stromert“ aufgebaut. 200 Ladepunkte für den Fuhrpark sollen bis Ende 2022 entstehen.

Zusätzlich leisten wir durch verschiedene Instrumente und Angebote für unsere Beschäftigten einen Beitrag zur Entlastung der Umwelt. Bereits seit 1994 gibt es das Jobticket für Mitarbeitende. Darüber hinaus gibt es auch Dienstfahrräder. Ein Dienstradleasing ist in Planung. Einzelne Fachbereiche sind bereits von Dienstwagen auf Carsharing-Fahrzeuge örtlicher Anbieter umgestiegen. Dienstreisen außerhalb der Region Hannover werden hauptsächlich mit dem Zug durchgeführt.

Um die Gegebenheiten in Hannover so zu verändern, dass Radfahren immer attraktiver wird, müssen wir Radverkehr als System denken und eine richtig gute Radinfrastruktur bauen, die alle Menschen zum Radfahren einlädt. Dafür ist es uns wichtig, alle Interessengruppen zu beteiligen – das nimmt natürlich Zeit in Anspruch. Wir haben uns zum Beispiel bewusst entschieden, die Idee für eine autofreie Innenstadt im Innenstadtdialog zu verankern, um einen breit getragenen Konsens für die Weiterentwicklung zu erreichen.

Bei der Umsetzung sind wir an vielen Stellen auch vom Bund und Land abhängig und warten beispielsweise auf Förderbescheide, bevor wir bauen können.
In Sachen Elektromobilität gibt es bisher leider nur wenige Produkte der Hersteller im Nutzfahrzeugbereich im Rahmen alternativer Antriebe. Das gilt sowohl für E-Mobilität als auch für Brennstoffzellen- und Wasserstoffantriebe. Hinzu kommen teilweise sehr lange Lieferzeiten und hohe Preise für Fahrzeuge. Auch der Ausbau von E-Ladesäulen und Wasserstofftankstellen muss weiter vorangetrieben werden. Für die Lithium-Akkus von E-Fahrzeugen gilt es zudem sinnvolle Recycling-Lösungen zu finden. Zusätzlich muss die Herstellung und Nutzung von Wasserstoff und anderen regenerativen Energien deutlich ausgebaut werden.

In fünf Jahren sollten wir dem Ziel einer klimaneutralen Fortbewegung deutlich näher gekommen sein. Im Mobilitätsmix der Landeshauptstadt Hannover soll das Fahrrad weiter deutlich an Stellenwert gewinnen. In den kommenden Jahren wollen wir als Stadt ein Velorouten-Netz aufbauen, das radial in alle Stadtbezirke führt. Parallel dazu arbeiten wir gemeinsam mit der Region und den Umlandkommunen an Radschnellwegen.
Mein erklärtes Ziel ist es, mit diesen Maßnahmen bis 2030 eine autofreie Innenstadt und eine deutliche Steigerung des Radverkehrs zu erreichen.