Foto: Daniel Junker; LHH (10x)
Die Landeshauptstadt Hannover geht in die Klimaoffensive: Bis 2035 soll ein CO2 -neutraler Mobilitätsmix auf die Spur gebracht werden, der eng mit den Pariser Klimazielen korrespondiert.
Die Ziele der Landeshauptstadt sind ehrgeizig: In knapp einem Jahrzehnt soll der Verkehr klimaneutral werden, die Lebensqualität der Menschen durch die stetige Förderung der Nahmobilität und den Ausbau des Radverkehrs stark steigen. Letzterer soll bis 2035 einen Anteil von 40 Prozent ausmachen. Neben der Steigerung des Radverkehrs hält Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay auch an seinem weiteren Ziel fest: eine autofreie Innenstadt.

Das Fahrrad soll in der Landeshauptstadt Hannover zu einem der führenden Verkehrsmittel werden.
Hannovers Klimaziele decken sich mit Studienergebnissen des Wuppertal Instituts
Deutlich weniger Autoverkehr in Hannover bei Verdopplung des Radverkehrs? Das ist ambitioniert, doch notwendig. Denn Onay zielt auf eine CO2-neutrale Mobilität, wie sie auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des WuppertalI Instituts bis 2035 für möglich halten und daher vehement einfordern. Die Forschenden untersuchten 2020 im Auftrag der Fridays-for-Future-Bewegung, wie Deutschland bis zu diesem Zeitpunkt CO2-neutral werden kann, weil die Bundesregierung Planungen dazu bislang nicht veröffentlicht hat.
Fazit der Forschenden: Soll der Temperaturanstieg auf 1,5 Grad Celsius begrenzt werden, braucht es im Verkehr ein radikales Umsteuern. Gerade der Autoverkehr hat einen sehr hohen Energiebedarf, der im Vergleich zur Bahn rund fünfmal höher ausfällt. Dazu kommen die hohen Emissionen durch das Verbrennen von Benzin und Diesel.
Stärkung des Radverkehrs, Einschränkungen für Autos in der City
Deshalb, so die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Studie, solle der Autoverkehr bis 2035 halbiert werden. Zugleich sei die Kapazität des öffentlichen Verkehrs zu verdoppeln, ebenso wie die Fördermittel und Investitionen in den ÖPNV auf 36 Milliarden Euro in Summe. In den Städten, die besonders unter den Folgen des Kfz-Verkehrs leiden, wollen die Forschenden den Pkw-Bestand auf ein Drittel des heutigen Bestands senken. Dafür schlagen sie ein ganzes Bündel von Maßnahmen vor: ein Zulassungsverbot für Verbrenner, Tempolimits, das Reduzieren von Fahrspuren und Parkplätzen und parallel dazu den Ausbau der Wege für Radfahrende und Fußgängerinnen und Fußgänger.
Den engen Zusammenhang zwischen Auto- und Radverkehr sieht auch Oberbürgermeister Onay: „Das eine geht nicht ohne das andere. Um den Autoverkehr in Hannover zu reduzieren, müssen wir den Radverkehr deutlich attraktiver und sicherer machen.“ Daher plant die Landeshauptstadt beispielsweise die Schaffung eines ausgedehnten Veloroutennetzes: Bis 2030 sollen die Menschen im Stadtgebiet sich auf rund 120 Kilometer sicherer und komfortabler Strecken zwischen dem Zentrum und den äußeren Stadtteilen bewegen können.

Oberbürgermeister Onay eröffnet auf der Hildesheimer Straße die erste Veloroute.
Wie die Radinfrastruktur in Hannover verbessert wird
Um das Radnetz tatsächlich flächendeckend zu verbessern, braucht es aber mehr. Jährlich werden bis zu zehn Kilometer Radwege erneuert, um die Qualität zu verbessern und für ausreichend Breite zu sorgen. Zugleich erhöht die Stadt kontinuierlich die Zahl der Radbügel und der gesicherten überdachten Radparkplätze. Die Planerinnen und Planer bereiten die Umsetzung neuer Fahrradstraßen wie in der Kestner-, Schläger- und Lister Straße vor, sie wollen aber auch bestehende Fahrradstraßen und Radwege spürbar aufwerten und sicherer machen.
Dazu gehört der Umbau von Kreuzungen: Noch mehr Rotmarkierungen sollen Radspuren sichtbar machen, mehr Metallpoller Kreuzungen von Falschparkenden freihalten. Das verbessert die Sichtbeziehungen zwischen den Verkehrsteilnehmenden und damit die Sicherheit aller. Ein weiterer Punkt ist schließlich die Optimierung der Ampelschaltungen für Zweiradnutzende als wichtiger Baustein des im Aufbau befindlichen Verkehrsmanagementsystems „HannoVerkehr“.
Für diese Maßnahmen will die Landeshauptstadt in diesem Jahr 8,5 Millionen Euro investieren. Das ist eine Verdopplung der Mittel für Radverkehr im Vergleich zu 2019. „Damit wollen wir den Menschen Lust machen, vom Auto auf das Fahrrad umzusteigen“, so Onay. – Ganz im Sinne der städtischen Initiative „Lust aufs Fahrrad“.
Anteil der Radfahrenden steigt in Hannover 2020 um 5 Prozent
Damit möglichst viele Menschen mitziehen, baut der Oberbürgermeister auf den sogenannten Innenstadtdialog, der auf breite Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger setzt und diese bis Herbst 2021 einbeziehen soll. Er verweist aber auch auf die zwischenzeitlich zehn Messstationen, die seit 2017 die Zahl der Radfahrenden messen: Daran gemessen stieg der Radverkehr von 2016 bis 2020 um 16 Prozent, von 2019 auf 2020 allein um 5 Prozent. Das entspricht 12,5 Mio. Menschen, die die Zählstellen passierten. „Das Fahrrad wird nachweislich für immer mehr Menschen zu einer echten Mobilitätsalternative“, so der OB.

Die Messstationen der Landeshauptstadt Hannover verzeichneten allein im Jahr 2020 einen Radfahrer-Zuwachs von 5 Prozent.