Foto: istock

Damit Menschen in Hannover künftig öfter das Fahrrad nutzen, müssen Radwege gut und sicher sein. Wie die aussehen, kann man sich von den Niederlanden abschauen. Hier baut man so, dass Menschen Fehler machen können, ohne mit lebensgefährlichen Folgen rechnen zu müssen.

Bis 2030 sollen es mindestens 25 bis 30 Prozent sein, noch besser 40. Das ist der Anteil der per Rad zurückgelegten Wege, die Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay sich künftig vorstellt. Ein wichtiger Baustein der hierfür notwendigen Infrastruktur wird mit dem im Juli vorgestellten Veloroutennetz geschaffen. Dieses Netz mit zwölf Routen verbindet sternförmig alle Stadtteile mit der Innenstadt. „Der Radverkehr ist Teil einer Mobilitätswende, an der wir derzeit intensiv arbeiten. Die Erhöhung des Radverkehrsanteils ist zudem eine Chance für eine noch attraktivere Innenstadt“, sagt Onay.

Schnell und sicher von A nach B

Damit Menschen, die aktuell noch nicht Rad fahren, in den Sattel steigen, sind zwei Faktoren entscheidend: Schnelligkeit und durchgängige subjektive Sicherheit. Laut der vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur sowie der Senatskanzlei Berlin geförderten Studie FixMyCity fühlen sich Radfahrende im Mischverkehr unsicher. Aber auch, wenn am Straßenrand Fahrzeuge geparkt sind, weil sie das Geschehen unübersichtlich machen. Niederländische Städte verlagern parkende Autos darum zunehmend in Parkhäuser.

Wird Radinfrastruktur nur auf der Straße aufgemalt, ist sie zudem für Kinder, Eltern oder Ältere nicht attraktiv. „Menschen fahren Rad, wenn die Radwege sich sicher anfühlen und sie zum Radfahren einladen“, sagt Mobilitätsexpertin Swantje Michaelsen. „Ist ein Radweg gut getrennt vom Autoverkehr und für Kinder sicher befahrbar, ersetzt er das Elterntaxi. Dann trauen sich auch Menschen aufs Rad, die bisher selten fahren.“ Berlin und Hamburg etwa installieren an Hauptstraßen breite, baulich getrennte Radwege. Vorbild sind dafür Städte wie Amsterdam.

Foto: Üstra/Martin Bargiel

Mobilitätsexpertin Swantje Michaelsen. Foto: Svens Brauers

 

Selbsterklärende Kreuzungen nach Vorbild der Niederlande

Die niederländische Bevölkerung fährt auch deshalb so viel Fahrrad, weil ihre Verkehrswege besonders sicher aufgebaut sind. Das Grundprinzip ist immer ähnlich: Übersichtliche, gut einsehbare Straßen führen zu vorhersehbarem Verhalten – und weniger Unfällen. Farblich abgesetzte, glatte Radspuren, die breit und vom motorisierten Verkehr getrennt sind, erhöhen weiter die Sicherheit. Zudem werden Kreuzungen je nach Geschwindigkeit gestaltet.

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Weniger Konfliktpunkte gibt es bei Kreisverkehren, bei denen Fuß- und Radverkehr Vorfahrt vor dem Autoverkehr haben. Große Kreuzungen, die einen Schulterblick erfordern, gibt es kaum. Stattdessen verschwenkt man die Radwege und baut so den Blickkontakt schon ein. Alle Verkehrsteilnehmenden sehen sich automatisch, scharfe Kurven bremsen den Auto- und Lkw-Verkehr. Zudem erhöhen getrennte Ampelphasen für Auto- und Radfahrende die Sicherheit, auch wenn sie den Autoverkehr verlangsamen. Der Clou: Da durch risikolose Radwege viele aufs Velo umsteigen, sind sie trotzdem eine ideale Anti-Stau-Maßnahme.

Eine stark befahrene Hochleistungskreuzung in Amsterdam. Obwohl hier täglich Tausende fahren, kommt die Kreuzung aufgrund des klugen Designs ohne Ampeln aus. Die Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer verständigen sich sehr einfach miteinander, eingebaute Wartezonen sorgen für Sicherheit. Trotz des sehr hohen Durchsatzes ist die Luftverschmutzung gering. Achten Sie einmal darauf, wie leise es ist!

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Quelle: Bicycle Dutch

Dicker Verkehr zur Rushhour in Utrecht (direkt hinter dem Bahnhof).

Wenn man sich die Personen statt auf Rädern in Autos vorstellt, bekommt man eine Vorstellung von der Leistungsfähigkeit des Radwegenetzes. Auch hier ist keine Ampel nötig.

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Quelle: Bicycle Dutch

Mehr Investitionen bedeuten höhere Sicherheit

Eine Greenpeace-Studie hat zudem ergeben, dass sich Investitionen in den Ausbau sicherer Radwege lohnen, denn sie senken das Unfallrisiko von Radfahrendenn: Je mehr Geld eine Stadt für eine sichere Radinfrastruktur ausgibt, desto weniger Radunfälle gibt es. In der Fahrradhochburg Amsterdam werden 32 Prozent aller Wege per Rad zurückgelegt. Es geschieht aber nur ein Unfall pro einer Million Fahrradfahrten. Die Stadt gibt pro Einwohner beziehungsweise Einwohnerin 11 Euro für eine sichere Radinfrastruktur aus.

Schnelleres Umsteigen nach Hauptbahnhof-Sanierung

Auch das Umsteigen an Hannovers Hauptbahnhof soll durch die Sanierung der U-Bahn-Station künftig komfortabler und übersichtlicher werden: Fahrgästen wird nach dem Umbau beispielsweise durch rote und grüne Leuchtsymbole angezeigt, wie voll welcher Stadtbahnwagen ist. „Wenn sich die Technik am Hauptbahnhof bewährt, kann man sie später vielleicht auch an anderen zentralen Umsteigestationen einsetzen“, prognostiziert Verkehrsdezernent Franz und betont, dass die Planer am Bahnhof auch die Erweiterungsoption um zwei neue Gleise im Blick hätten.

Daraus lässt sich ein unmittelbarer Zusammenhang ableiten: Sind die Radwege sicher, fahren mehr Menschen Rad. Erhöht sich der Anteil der Radfahrenden, erhöht sich auch ihre Sicherheit. Das Prinzip lautet „Safety by Numbers“ – die Masse macht’s. Weil Autofahrende aufmerksamer sind, selbst wahrscheinlich auch gelegentlich Rad fahren und ihre Fahrweise entsprechend anpassen. So wird ein positiver Prozess in Gang gesetzt, der mehr Sicherheit für alle bedeutet.